Soeben erschienen: Soshana. Leben und Werk.
Mosaik einer Künstlerin
"Die Gemeinde" Nr. 681, Wien November 2010
Von Nara Jaberi
Wien. 83 Jahre und über 12000 Werkstücke nach der Geburt der Malerin Soshana in Wien erschien diesen Herbst im Springer Verlag die erste umfassende Publikation zur Künstlerin. Am 12. Oktober wurde die Monografie Soshana. Leben und Werk. in der Österreichischen Nationalbibliothek (OeNB) feierlich präsentiert. In Anwesenheit von geschätzten 150 Gästen eröffnete Generaldirektorin Johanna Rachinger den Abend.
Herausgeber des 320 Seiten umfassenden Titels sind Angelica Bäumer und Amos Schueller. Der Entschluss eine Monographie über das Leben und Werk seiner Mutter zu erstellen, sei Schueller nicht schwer gefallen. Seit 2007 setzt er sich intensiv damit auseinander, weshalb er „die Idee schon lange im Kopf“ gehabt habe. Besonders schwierig sei es gewesen „die Vielfältigkeit ihrer Kunst zu vermitteln, ohne dabei den Rahmen zu sprengen“, denn Soshana habe sich „nie ganz festgelegt und war offen für verschiedenste künstlerische und kulturelle Einflüsse“.
Ganz in diesem Sinn offenbart sich die Monografie als ein Zusammenspiel von unterschiedlichsten Beiträgen. „Soshanas unsteter und für eine Frau ihres Jahrganges unangepasster Lebenswandel verführte zahlreiche Autoren dazu, den künstlerischen Werdegang vorwiegend über biografische Begebenheiten zu bestimmen“, schildert die Autorin Birgit Prunner in ihrem wissenschaftlichen Beitrag. Eine Schwierigkeit, der sich die anderen AutorInnen wie die Kunsthistoriker Matthias Boeckl, Martina Pippal und Peter Baum, sowie Christian Kircher, Finanzdirektor des Wien Museums, oder die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz stellen.
Letztere beschreibt eindrucksvoll, warum es Soshana besonders viel Kraft gekostet hat, sich in der Kunstwelt zu etablieren. „Wenn aber nun immer die Frau, die die Kunst gemacht hat, beurteilt wird und nicht ihre Kunst. Dann kostet es alle Kraft dieser Frau, die Kunst gegen die Beurteilung ihrer Person durchzusetzen.“ An anderer Stelle setzt sie fort „Es wäre nicht verwunderlich, wenn diese Person es aufgeben würde.“
Soshana, die 1938 mit ihrer Familie Wien fliehen musste, gab jedoch nie auf. „Ich malte mich als einsamen Mann“, schreibt sie in ihren Tagebüchern. Episoden daraus finden sich im biografischen Teil der Monografie, in dem Afnan Al-Jaderi mithilfe einer Fotoserie das Leben der Malerin näher bringt. Trotz Einsamkeit und einem Kunstmarkt, der Frauen ungern den Vortritt ließ, verschrieb sie ihr Leben der Kunst und dem Reisen. Neben New York und Paris, zählten unter anderem Mexiko, Indien, China, Nepal und Israel zu ihren Destinationen. Im Rahmen der Monografie wird der Einfluss der New Yorker Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf die Malerin ebenso beleuchtet, wie ihre Pariser Zeit.
Darüber hinaus spielt Mexiko, wo sie 1964 ein Jahr verbrachte, eine wichtige Rolle. „Soshana ist auch in Mexiko eine Reisende, verwurzelt in ihrem menschlichen und politisch-kritischen Credo für die Freiheit und Unabhängigkeit“, schildert Mexikoexperte Christian Kloyber in seinem Beitrag. Dort habe sie „die letzten Spuren des antifaschistischen Exils“ aufgespürt und „ihre ganz persönliche und leidvolle Erfahrung als Vertriebene“ damit verbunden.
Neben den aktuellen Beiträgen finden sich einige ältere Beiträge, wie etwa vom Kunstkritiker Edwige Bouttier, der 1958 in Paris einen Text über Soshana veröffentlichte. „Ihre Farben und Bildkompositionen spiegeln die Tiefe ihrer Seele wider, und jeder kann in ihren Bildern seine eigenen Träume und Tragödien wieder finden. Soshanas Kunst versucht nicht gefällig zu sein und scheut nicht die Probleme unserer Zeit.“
Neben farbenfrohen, kräftigen Bildern, malte sie „Köpfe wie Masken“ mit „erschrockenem Gesichtsausdruck“, vervollständigt Angelica Bäumer in ihrem Artikel das Bild von Soshanas Oeuvre. „Diese einsamen, abgezehrten Figuren und die maskenähnlichen, fratzenartigen Gesichter, sind ihre Todes- und Holocaust-Bilder. Sie zeigen auf beklemmende Weise das Unsagbare, Einzigartige des Entsetzens, wie es noch nie war.“
Erst 1985 kehrte die Künstlerin nach Wien zurück, wo sie seither lebt und arbeitet. Christian Kircher erklärt in seinem Aufsatz die Bedeutung der Malerin für Wien. „Das Leben von Soshana Afroyim, aber auch die Entstehungsgeschichte sowie Rezeption ihres künstlerischen Werkes erzählen allesamt Geschichten und Geschichte davon, was das 20. Jahrhundert der Stadt Wien gebracht hat, und sind daher ein kleiner Wiener Kosmos des letzten so genannten kurzen Jahrhunderts.“
Erhältlich im Buchhandel oder auf www.springer.at.
Soshana. Leben und Werk.
ISBN 978-3-7091-0274-9
Großes Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst für Künstlerin Soshana
"Die Gemeinde" Nr. 672, Wien Juli 2010