Soshana - Wienerin und Weltbürgerin - ist tot
Text von Angelica Bäumer, 14.12.2015
Am 9. Dezember ist die Malerin Soshana, 88jährig, gestorben. 1927 wurde sie in Wien geboren, mußte 1938 mit ihren Eltern die Heimat verlassen und nach einem Wanderleben durch alle Kontinente, führte ihr Weg sie wieder zurück nach Wien. Der Kreis hatte sich geschlossen. Die Stationen von Soshanas Emigration waren London, die USA und Jerusalem. Sie lebte nach 1945 für viele Jahre in Paris und New York. Ihr Interesse an fremden Kulturen führte sie in den Nahen und Fernen Osten, nach Nord- und Südamerika, nach Afrika und in die Südsee. Die Vielfalt dieser Kulturen hat Soshana inspiriert. Davon erzählen ihre Bilder. Es waren zunächst Landschaften und Figurales, Portraits vor allem, es folgte eine Entwicklung zur gestischen, skriptoralen Malerei mit einer ganz freien und äußerst konzentrierten Farbigkeit. Dazwischen immer wieder Bilder der Erinnerung an den Holocaust und Bilder der Einsamkeit. Soshana war eine nachdenkliche Malerin, eine Suchende in vielerlei Hinsicht. Ihre Bildsprache ist Ausdruck inneren Erlebens und Ergebnis von vertieftem Einfühlungsvermögen. So ist ein höchst umfangreiches Werk entstanden, das Zeugnis gibt über ein Leben voller Auf- und Umbrüche. Soshana hatte, schon als Elfjährige, für sich die Malerei entdeckt und sie wurde ihr Lebenssinn und Lebensinhalt, dem sie alles opferte, auch eine sichere Existenz, oder eine familiäre Bindung. Ihre eigene Kunst, das Leben mit Künstlern, besonders in Paris und New York, die Achtung, die ihr von den Künstlerkollegen entgegengebracht wurde, war wertvoll und brachte künstlerischen und menschlichen Gewinn und Erfolg. Es scheint, als hätte sie gar keine geografische Heimat gebraucht, denn ihre Heimat wurde die Kunst. Die Faszination des Reisens, das immer wieder Eintauchen in eine andere Kultur wurde zur Obsession von Soshana. So absichtslos und vorurteilslos wie irgend möglich zog sie von Land zu Land, von Kultur zu Kultur und überall fand sie, was sie oftmals gar nicht gesucht hatte, eben weil sie nicht mit Vorurteilen, sondern mit offenem Herzen und offenem Geist unterwegs war und sich im besten Sinn treiben liess, bereit zur Aufnahme und Bewunderung. So konnte sie in relativ kurzer Zeit den Sinn der asiatischen Kalligrafie erkennen und für ihre eigene Arbeit umsetzen – um nur ein Beispiel aus ihrem reichen Kunstschatz anzusprechen. Vielleicht war manches auch eine weitere Flucht, allerdings nicht mehr aus Angst vor Vernichtung von Leib und Gut, sondern aus Neugier. Vielleicht auch aus Sehnsucht und Hunger, nach Neuem. Und dann kam doch wieder Wien. Die Stadt, von der sie ausgezogen war als elfjähriges Mädchen wurde zu einem Refugium für die ältere Frau. In Wien fand sie auch zu ihrem Sohn Amos (Schüller), der alles für sie tut, was man für eine Mutter, vor allem aber, was man für eine Künstlerin tun kann. Er ordnet ihre Werke, organisiert Ausstellungen (zurzeit findet eine höchst erfolgreiche Ausstellung in Graz statt), gab im Verlag Springer eine umfassende Monografie heraus und es wurde ein Film gedreht. Auch wenn Soshana sehr bescheiden lebte, freute sie sich doch auch über Auszeichnungen, wie das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien und den großen österreichischen Staatspreis. Seit den 1950er Jahren ist Soshana national und international mit Ausstellungen in Museen und Galerien präsent. Ihre Tagebücher verwahrt die Österreichische Nationalbibliothek, Bilder von ihr wurden für viele öffentliche und private Sammlungen angekauft. Das mögen alles äußerliche Ehrungen und Erfolge sein, aber sie zeigen auch die Wertschätzung und Achtung vor einer bemerkenswerten Persönlichkeit. Künstlerinnen, wie Soshana, tragen mit ihrer Kunst die Tradition der Malerei weiter und auch wenn sich die Kunstszene rasch und oftmals sehr kurzfristig ändert, es geht nichts verloren. Das ist vielleicht eines der Geheimnisse künstlerischer und geistiger Substanz – es geht nichts verloren.
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