Ausstellung in der JAM Gallerie Luzern
"Borderless Encounter- Soshana meets with Giacometti and Yanaihara"
Grenzenlose Begegnungen mit Soshana
«Jam» bietet Einblicke in die Kunst von Soshana, Giacometti und Yanaihara
Die Galerie Jam feiert die Eröffnung am neuen Standort an der Haldenstrasse 25 in Luzern mit der Ausstellung «Borderless Encounter» vom 27. Oktober bis 26. November.
Diese Veranstaltung feiert zum ersten Mal in der Schweiz die unerwarteten Begegnungen zwischen Giacomettis Figuren, der Poetik von Soshanas Spuren auf der Leinwand und Yanaiharas Reflexionen über den künstlerischen Prozess des Sehens. Der Ausstellungskontext artikuliert die Materialisierung der Praktiken dieser Künstlerinnen und Künstler sowie Denkerinnen und Denker über die einzelnen Begegnungen hinaus. Die Schlüsselbotschaft dieser Ausstellung ist, dass Kunst eine «grenzenlose Begegnung» verwirklichen kann, die das eigene Leben auf dramatische Weise beeinflussen kann. Soshana, Giacometti und Yanaihara, die ursprünglich aus Österreich, der Schweiz und Japan stammen und einen unterschiedlichen kulturellen Hintergrund haben, sind sich alle in Paris begegnet und hatten einen grossen Einfluss auf sich selbst und ihre Umgebung. Soshana wurde an der Akademie der bildenden Künste in Wien zur Künstlerin ausgebildet und zog 1952 nach Paris. Sie schrieb: «In Paris habe ich begonnen, wirklich zu malen. Paris ist eine sehr gute Schule, aber eine extrem schwierige, und in Paris kann ein Maler entweder sich selbst finden oder verloren gehen.» Dort schloss sie sich der Künstlergemeinschaft an und lernte auch Giacometti, Yanaihara und die beiden japanischen abstrakten Maler Jun Dobashi und Yasse Tabuchi kennen. Es ist erwähnenswert, dass sie ihr erstes Atelier in Paris mit Tabuchi teilte. Die Begegnung mit der japanischen Poetik veranlasste sie 1957 zu einem Besuch in Kyoto.
Giacometti und die japanische Kunsttechnik
Auch Giacometti liess sich von den japanischen Kunsttechniken inspirieren. Er erinnerte sich: «Einer der Besitztümer meines Vaters war ein japanischer Druck. Es war ein sehr schönes Exemplar. Im Nachhinein bin ich mir sicher, dass es von Hokusai war. Als ich jung war, habe ich es immer wieder kopiert. Auch nachdem ich nach Paris gegangen war, fuhr ich jeden Winter nach Hause und kopierte es immer wieder. So sehr habe ich es geliebt.» Giacomettis Begegnung mit Isaku Yanaihara, einem japanischen Professor für Philosophie, fand 1956 statt. Yanaihara wurde von Giacometti in den Jahren 1957, 1959, 1960 und 1961 für 220 bis 230 Tage nach Paris eingeladen, um für Giacometti Modell zu stehen. Der Schweizer Künstler versuchte, Porträts von ihm anzufertigen, um seine Augen einzufangen und sich den Raum um die Figur herum vorzustellen. Während der langen Reihe von Sitzungen für die Porträts versuchte Giacometti, den fragmentarischen Charakter der Darstellung zu erfassen, ein Prozess, der zum Scheitern verurteilt war. In seinen Notizen zitiert Yanaihara Giacometti: «Das, was man sieht, so herzustellen, wie man es sieht, das ist einfach, aber bis heute ist es niemandem vollständig gelungen. Das war Giacomettis lebenslange Herausforderung.» Was seine Porträts bieten, ist ein Raum des Konflikts, der die Grenzen zwischen Realität und Wahrnehmung darstellt. Im Jahr 1961 wurde Yanaihara auch nach Stampa, dem Geburtsort des Künstlers, eingeladen. Diese Begegnungen erneuerten ihre Verbindung. Der japanische Philosoph erzählte von seiner besonderen Beziehung zu Giacomettis Familie: «Es war im Juli 1961, als Albertos alte Mutter noch bei guter Gesundheit war und er zufällig wieder zu Hause war, er hatte mich eingeladen, bei ihr zu wohnen. Ich blieb in der Pension Piz Duan als Gast von Giacometti für zehn Tage und es waren die besten Tage meines Lebens.»
Soshana auf «Blickfang»
Auf dem Gemälde von 1962 hat Soshana den Blick Giacomettis eingefangen und ihn in einer absoluten Dimension fixiert. Giacomettis Gesicht schwebt wie ein Schatten im Raum, im Gegensatz zum eher abstrakten Hintergrund. Vom Scheitel des Kopfes geht eine Reihe von Linien aus, die ein Gefühl von Kraft vermitteln, die sich nach oben bewegt. Die dichten, eindringlichen Zeichen kommen auch von unten, um eine kontrastierende Bewegung hin zu einer körperlich aufgeladenen Begegnung zu schaffen. Giacomettis beabsichtigte Augen stellen die Grenze zwischen Leben und Tod dar, und die Figur als Ganzes kristallisiert die Zerbrechlichkeit des Unbewussten zwischen Seele und Körper. 1956 porträtierte Soshana Isaku Yanaihara, der aus einer Reihe von schwarzen Farbtönen hervortrat. Die Komplexität und Zweideutigkeit des Porträts zielt auf die Schaffung einer Synthese zwischen dem Selbst und der Aussenwelt, zwischen Erscheinen und Verschwinden. Soshanas lange und fruchtbare Freundschaften mit japanischen Künstlern und andere grenzenlose Begegnungen führten sie zu einer abstrakten und gestischen Sprache, die ihr Echo im Informel findet, einschliesslich anderer Tendenzen wie dem Tachismus, der japanischen lyrischen Abstraktion, dem amerikanischen abstrakten Expressionismus und der gestischen Malerei der Gutai-Gruppe. Die Ausstellung im Jam-Atelier wird zum ersten Mal zeigen, wie Soshanas Praxis als eine transformative Sprache im Dialog mit den vielen künstlerischen Bewegungen in der Welt interpretiert werden kann, mit dem Ziel, die grenzenlosen Begegnungen der Kunst zu enthüllen.
Ausstellungsdaten: 27.10.2022- 26.11.2022
JAM Gallerie, Haldestraße 25, 6006 Luzern